Long Covid nach der 2. Corona-Impfung
Ich war mit 35, ausser meiner Zöliakie, eine gesunde junge Frau, Architektin und Künstlerin, zwei Bauprojekte in Planung. Nach meiner 2. Corona-Impfung hatte ich nachts die scheinbar bekannten Nebenwirkungen. Schüttelfrost, starke Übelkeit, Fieber. Am nächsten Morgen bin ich aufgestanden und mein Kopf war wir zugedröhnt.
Durch die nächsten zwei Wochen habe ich mich mehr schlecht als recht durchgekämpft. Ich musste Termine immer wieder abbrechen, mich hinlegen, weil mir so schwindelig und ich so erschöpft war. Am Computer zu arbeiten war nicht möglich, da das Licht vom Bildschirm nicht zu ertragen war. Gespräche mit Handwerkern waren ein unmöglicher Kraftakt, weil ich die Worte um Sätze zu bilden nicht finden konnte. Nach den zwei Wochen musste ich die Notbremse ziehen und die zwei laufenden Bauprojekte von einem auf den anderen Tag abbrechen. Die nächsten vier Monate habe ich liegend, mit geschlossenen Augen in der Stille verbracht. Lesen war zu anstrengend, Musik hören war unmöglich, Besuche von Familie oder Freunden musste ich auf eine halbe Stunde alle drei, vier Tage begrenzen. Zu Beginn hatte ich noch versucht Spazieren zu gehen. Nach drei Minuten kam ich zu der Bushaltestelle und musste mich auf der Bank hinsetzen, weil sich alles gedreht hat und sich der Lärm der Strasse so anfühlte, als ob mein Trommelfell gleich platzen würde. Das Sonnenlicht war viel zu hell. Ich erinnere, wie ich auf der Bank sass und nicht mehr wusste, wie ich es die drei Minuten Fussweg nach Hause schaffen würde.
Die psychische Belastung war zu der körperlichen hinzu enorm. Keiner wusste was los war, ich wusste nicht wie lange es bleiben würde, ob es wieder weg geht, ich hatte so viel verloren. Bald kam die Frage, was noch der Sinn an meinem Leben ist. In diesem Moment habe ich gemerkt, dass ich es ohne therapeutische Hilfe nicht schaffen würde. Zum Glück war dies über Zoom möglich. Meine Therapeutin konnte mir immer wieder überlebenswichtiges Werkzeug mitgeben, damit ich in der Orientierungslosigkeit nicht untergehen würde.
Ich hatte das Glück, mit wenigen Ausnahmen, auf offene und verständnisvolle Ärzte zu treffen. Sie konnten mir selten konkret helfen, aber ernst genommen zu werden war unglaublich hilfreich. Meine Hausärztin war mein Fels. Im Februar 2022 hatte ich auf der Immunologie des USZ zum ersten Mal gehört, dass ich mit meinen Symptomen nicht alleine bin und ja, dass sie viele Patienten mit der Long Covid-Symptomatik nach der Impfung haben. Das nach acht Monaten zu hören war eine erlösende Bestätigung.
Da sich nach der Impfung auch meine Verdauung über mehrere Monate nicht mehr beruhigt hatte, habe ich mich in die Gastroenterologie überweisen lassen. Eine drastische Ernährungsumstellung (FODMAP) hat ab November 2021 langsame Besserung gebracht, auch mit dem Long Covid Fatigue-Syndrom. Im Februar 2022 konnte ich 10% anfangen zu arbeiten, seit Oktober bin ich wieder leistungsfähig. Zurück bleiben, für den Moment, Panikattacken, Migräne-Episoden, der Wiederaufbau mit der Physiotherapie und eine überwältigende Dankbarkeit, dass mein Körper diese letzen 1.5 Jahre geschafft hat.
Name: Daisy
Alter: 37
Blutgruppe: 0-
Beruf: Architektin
Datum der Impfung/en: 5.7.2021
Impfstoff: Moderna
NW Swissmedic gemeldet?: Nein
Infektion mit Coronavirus?: Nein